Der Umgang mit beruflicher Mobilität im Alltag – Praktiken und Formen alltäglicher Lebensführung

Mit Globalisierung und Individualisierung einhergehende Prozesse der Flexibilisierung führen zu einem Wandel in der Arbeitswelt. Mobilität im Sinne von geographischer Beweglichkeit und zeitlicher Flexibilität wird dabei von immer mehr Erwerbstätigen erwartet, während Nicht-Mobilität mit Stillstand gleichgesetzt wird. Häufigere Wechsel der Arbeitsverhältnisse bedeuten entweder Wohnortwechsel, die Bereitschaft zu täglichem Pendeln oder die Nutzung einer Zweitwohnung am Arbeitsort. Die globale Vernetzung vieler Unternehmen führt zudem zu einem Anstieg an Dienstreisen und Auslandstätigkeiten. Die Zunahme beruflich bedingter räumlicher Mobilität mit größeren Phasen der Abwesenheit vom Wohnort bleibt dabei nicht ohne Auswirkungen auf die alltäglichen Lebenszusammenhänge der mobilen Erwerbstätigen.

Das laufende Dissertationsprojekt greift die Debatte um den mobilen Mensch im Spannungsfeld von beruflichen Mobilitätsanforderungen und individueller Mobilitätsbereitschaft auf. Im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht die Frage, wie private Haushalte unter den Bedingungen einer räumlich mobilen Lebensweise ihren Alltag gestalten. Die Arbeit analysiert in diesem Zusammenhang Alltagspraktiken und Strategien im Umgang mit zirkulärer beruflicher Mobilität.

Mobile Haushalte stehen vor der Herausforderung, eigenverantwortlich die beruflichen Mobilitätsanforderungen mit dem Privatleben zu vereinbaren und ein funktionierendes und zufriedenstellendes Alltagsarrangement zu schmieden (Schneider et al. 2002). Zunächst wird betrachtet, welche Anforderungen an den Alltag der Haushalte aus einer beruflich mobilen Lebensweise resultieren. Es wird beleuchtet, wie Haushalte beruflichen Mobilitätsanforderungen begegnen und mit welchen Strategien sie den Alltag organisieren und bewältigen. Dabei wird auch zu untersuchen sein, an welchen Orten die Haushalte Alltagsaktivitäten nachgehen, welche Rolle insbesondere der Wohnort aber auch andere Alltagsorte in einer zunehmend mobilen Gesellschaft spielen.

Wiederkehrende berufliche Mobilitätsanforderungen können Menschen aus ihren sozialen und lokalen Strukturen lösen und für einen Verlust an Zugehörigkeit und Ortsbindung mitverantwortlich sein. Der eigene Wohnort ist nicht automatischer Anknüpfungspunkt für soziale Beziehungen oder lokale Teilhabe (Hilti 2009). Umgekehrt können Mobilität und schwindende soziale Einbindung zu einer Sehnsucht nach Verankerung am Wohnort führen. Vor diesem Hintergrund greift der Beitrag die Bedeutung von Alltagsorten bei mobiler Lebensweise auf. Daran schließt sich die Frage an, inwieweit beruflich mobile Haushalte nach einer Verankerung am Wohnort streben. Der Aspekt einer lokalen Verankerung wird anhand der Untersuchung alltäglicher Aktivitäten, sozialer Netze sowie der gesellschaftlichen Teilhabe und Einbindung am Wohnort nachvollzogen. Hierbei wird auch zu klären sein, inwieweit eine gewünschte lokale Verankerung bei mobiler Lebensweise überhaupt zufriedenstellend gelingen kann.   

Die empirische Grundlage des Vorhabens bilden qualitative problemzentrierte Interviews mit Haushalten, die entweder täglich fernpendeln, die aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung am Arbeitsort nutzen oder die regelmäßige Dienstreisen bzw. Auslandseinsätze absolvieren.

Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich bitte an:
Sven Wörmer, +49 228 73-60620, woermer@geographie.uni-bonn.de